JLG Adventskalender 2022 - Türchen Nr. 20

Im Deutsch Leistungskurs haben Laszlo, Hans und Johann einen Trailer für eine Adaptation von Woyzek gedreht.
Hier auf YouTube zu sehen. (Stellungnahme weiter unten)

woyzek screenshot


Aufgabe im Deutsch LK war es, ein Plädoyer dafür zu verfassen, dass es die richtige Wahl für den DS-Kurs unserer Schule ist, das Stückes „Woyzeck“ von Georg Büchner (neu) zu inszenieren. Bestanteil der Erarbeitung dieser Aufgabe war es, Aufmerksamkeit durch den Bezug zu den zentralen Themen des Stückes zu erwecken, zu argumentieren, inwiefern das Drama heute noch wichtig und aktuell ist, Ideen zu entwickeln, wie man das Stück an die heutige Zeit adaptieren bzw. umschreiben kann und ein zusammenfassendes Fazit zu ziehen

Das Medium dieses Plädoyers war frei wählbar, so wählten unsere MitschülerInnen beispielsweise einen Vortrag, Podcast oder Flyer. Wir (Laszlo, Hans und Johann) haben uns dafür entschieden einen Trailer für den modernen bzw. adaptierten Woyzeck zu drehen. Da der Trailer nur sehr kurz ist und kaum Zeit war, einen argumentierenden Teil hinzuzufügen, war es unserer Meinung nach wichtig in diese schriftliche Stellungnahme unserer Denkansätze, Vorgehensweisen und Aussagen zu erläutern.

Dafür suchten wir uns Szenen heraus, schrieben sie um oder setzten sie durch neue Umfelder und Drehorte in heutige aktuelle Kontexte. Somit wird Woyzecks Geliebte Marie durch „Mario“ ersetzt, Woyzeck wird, wie im Trailer ersichtlich ist, wegen seiner Homosexualität von der Gesellschaft und auch von Mario ausgegrenzt und angefeindet. Ob Mario selber schwul ist oder nicht, bleibt offen. Der Trailer spielt darauf an, anstatt der der damaligen klassischen oberflächlichen Frau, welche „nur“ Woyzecks Geliebte ist, überschreiben wir diese Rolle mit einem Charakter, welcher möglicherweise ein Paradoxon in seinen Handlungen und Dasein widerspiegelt. Was natürlich vernachlässigt dabei ist, dass es nun keine Frau in einer Hauptrolle mehr gibt.  Doch auch manch altes bleibt gleich, vermeintlich. Woyzeck sagt dem Doktor, arme Menschen haben keine Moral. Ein guter Ansatz für einen DS-Kurs in der Großstadt Berlin, wo es fast an jeder Ecke Obdachlose gibt. Sie sind arm und müssen oft stehlen, um zu überleben. Doch dabei bleibt es nicht. Man sieht Woyzeck in Sekunde 20, unter seiner Wahnvorstellung leidend, mit dem Gesicht an ein Plakat gedrückt, die Fäuste darauf einschlagend. Darüber steht: „Aus der Welt. Aus der Weltstadt.“ Es handelt sich um eine Werbung für eine Zeitung, ebenso wie die Plakate daneben. Die Werbung erzählt von der großen, weiten, „weltoffenen“ Welt, von Nachrichten, von Wissen. Doch Woyzeck lebt in einer bildungsfernen Schicht. Sowieso er hat keine Zeit Zeitung zu lesen, selbst wenn er wollte. Denn der Woyzeck der globalisierten Welt des 21. Jahrhunderts muss für ihre Großkonzerne schuften, für einen Hungerlohn. Georg Büchner war ein politischer Aktivist, er kämpfte für Gerechtigkeit und gegen soziale Ungleichheit und die Aristokratie. Wenn man sich das Drama genau anschaut und analysiert, ist zu erkennen, dass es sich um hochpolitischen Realismus handelt, welcher die bestehenden Zustände der untersten Schichten anklagt. Unsere Adaption soll diese Inhalte fortführen, auch heute noch gibt es eine große Schere zwischen denen, die viel haben, und denen, die wenig haben. Der globalisierte Kapitalismus schafft in manchen Ländern moderne Sklaverei und Ausbeutung, in anderen sorgt er für Reichtum und Überfluss. Und obgleich wir das Glück haben, in einer dieser Länder geboren zu sein, sowie ein Adliger nur Glück hatte als Adliger geboren zu sein, gibt es auch hier eine große Unterschicht, die kaum Chancen hat, jemals Bildung oder Wohlstand zu erlangen. Diese Zustände sollten wir nicht nur kritisieren, wir müssen es, es gilt sie zu verändern.

Titelfoto: Christian Sterk, unsplash